Erhalt und Förderung von Mauerseglerquartieren bei der Sanierung ehemaliger Kasernenhäuser im Französischen Viertel, Tübingen

Im Zuge der fortschreitenden Sanierung der ehemaligen Kasernenhäuser im Tübinger „Französischen Viertel“ kam es seit den 1980er Jahren zu einem extremen Rückgang der dort brütenden Mauerseglerbestände. Die verbliebenen Brutpaare konzentrierten sich auf nur noch wenige ursprünglich erhaltene und für die Vögel zugängliche Gebäude.

Eines der verbliebenen Gebäude wurde im Winter 2009/2010 dann ebenfalls saniert, vermutlich in Unkenntnis der dortigen Mauerseglervorkommen. Dabei wurden die hier bisher bestehenden Mauerseglernistplätze versiegelt. Als im darauffolgenden Frühjahr die aus dem Süden zurückgekehrten Vögel wochenlang vergeblich ihre letztjährigen – nun verschlossenen – Brutplätze anflogen, informierten Anwohner:innen die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft Tübingen.

Im Nachhinein waren zunächst künstliche Nistkästen als Ersatzquartiere angebracht worden, die allerdings abseits der ursprünglichen Brutplätze lagen. Diese Kästen erwiesen sich jedoch aufgrund der starken Brutplatztreue der Tiere als ungeeignet. Nach vogelkundlicher Beratung wurden daher nachträglich Nistkästen in unmittelbarer Nähe der traditionellen Einflugöffnungen angebracht. Insgesamt wurden so 24 potentielle Brutplätze geschaffen, bisher konnten jedoch auch dort keine Mauersegler mehr nachgewiesen werden.

Infolgedessen konzentrierten sich die letzten ca. 20 Mauerseglerbrutpaare im Französischen Viertel an nur noch einem nahezu ursprünglich erhaltenen Gebäude. Als hier 2011 ebenfalls eine Sanierung anstand, wurde basierend auf bisherigen Erfahrungen frühzeitig nach einer baulichen Lösung zum Erhalt der Brutplätze gesucht, die von den Seglern sofort angenommen werden konnte, ohne dass diese sich auf neue Gegebenheiten einstellen mussten. Hierzu wurde in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Architekturbüro sowie dem ausführenden Handwerksbetrieb eine Konstruktion ausgearbeitet, bei der durch Stellbretter abgetrennte Ersatzbrutstätten direkt in den vorhandenen Traufkasten integriert wurden. Eine solche Lösung ermöglicht es, die neuen Einflugöffnungen in unmittelbarer Nähe der ursprünglichen Löcher zu platzieren, um den Tieren das Auffinden der Ersatzquartiere zu erleichtern. Zudem ist sie sehr einfach anzufertigen und von außen kaum sichtbar.

Bei Dacharbeiten werden Mauerseglernester freigelegt.

In den Traufkasten integrierte Mauerseglerbrutplätze.

In den Traufkasten integrierte Mauerseglerbrutplätze.

Konstruktionszeichnung eines in den Traufkasten integrierten Mauerseglerbrutplatzes.

So konnte auch nach der Sanierung das frühere Brutplatzangebot erhalten und zusätzlich viele neue Brutmöglichkeiten an dem betroffenen Gebäude geschaffen werden: insgesamt fast 60 Nistplätze befinden sich nun in den Traufkästen. Einige davon wurden unmittelbar im darauffolgenden Frühjahr von Mauerseglern angenommen; 2014 siedelten dort mindestens 15 Brutpaare, Tendenz steigend.

Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren 138 künstliche Brutplätze für Mauersegler im Französischen Viertel geschaffen.

Wie die Erfahrungen im Französischen Viertel zeigen, lassen sich (Ersatz-)Brutplätze für Mauersegler – bei frühzeitiger Berücksichtigung während der Planungsphase – kostengünstig und ohne großen Mehraufwand schaffen. Werden hierbei bestimmte artspezifische Ansprüche beachtet, lassen sich die Erfolgschancen, dass die Nisthilfen angenommen werden, deutlich erhöhen.